Zwangsprostitution

Die Methoden der Zuhälter

Die Loverboy-Methode, rohe Gewalt gegenüber Opfern und deren Familien, Voodoo-Zauber in Afrika, Erpressung durch heimliche Filmaufnahmen – die Methoden der Zuhälter, um Frauen und Mädchen zur Prostitution zu zwingen, sind vielseitig. 

Inhaltsübersicht

Die Loverboy-Methode

Seit ein paar Jahren wird immer deutlicher, dass in Deutschland die Loverboy-Methode eine der Hauptmethoden der Zuhälter geworden ist, um Frauen in der Prostitution auszubeuten. Im Bundeslagebericht 2020 der Polizei gaben knapp ein Viertel der Opfer in den Ermittlungsverfahren an, über die Loverboy-Methode zur Ausübung der Prostitution gebracht worden zu sein.

Die Loverboy-Methode besteht darin, durch eine vorgespielte Liebesbeziehung das Opfer in eine emotionale Abhängigkeit zum Täter zu bringen und sie mittels Täuschung und Manipulation in die Prostitution zu führen und dort auszubeuten. Das perfide an der Methode ist die Manipulation, durch welche das Opfer glaubt, sich selbst für die Prostitution zu entscheiden, um dem Freund aus einer finanziellen Notlage zu helfen. Das Opfer glaubt an eine gemeinsame Zukunft und dass die Zeit in der Prostitution nur vorübergehend sei. Das Opfer sieht sich selbst nicht als Opfer.

Die Loverboy-Beziehung startet wie ein Traum

Der Freund sieht gut aus und verwöhnt seine Auserwählte mit Aufmerksamkeit und großzügigen Geschenken. Es gibt keine Probleme und Geld scheint keine Rolle zu spielen. Geschickt wird von ihm eine Welt aufgebaut, in der außer dem Paar keine anderen Menschen mehr wichtig sind und sich die Frau so immer weiter von anderen isoliert. Der Freund positioniert sich selbst als neuen Mittelpunkt im Leben des Opfers und spielt den Retter für alle etwaigen Probleme. Nach dieser harmonischen Anfangsphase treten im Leben des Loverboys plötzlich finanzielle Probleme auf, z. B. sehr hohe Schulden oder eine Krankenhausrechnung von einem Familienmitglied im Ausland. Er gibt vor, dass ihm die Schulden sehr unangenehm seien und er jedoch dringend die Unterstützung des Opfers bräuchte. Das Opfer steht emotional unter Zugzwang, da der Loverboy sich zu Beginn der Beziehung als Helfer und Retter eingebracht hat und viele teure Geschenke gemacht hat. Außerdem empfindet das Opfer große Liebe für den Freund und möchte unbedingt helfen. Schritt für Schritt manövriert der Loverboy das Opfer dahin, sich zunächst einmal zu prostituieren und dann – „da das eine Mal so erfolgreich war“ – immer wieder, bis sie täglich im Bordell für ihn anschafft. Das Opfer glaubt, es sei freiwillig dort und hält daran fest, dass es nur vorübergehend sei, bis die Schulden des Freundes abbezahlt wären. In dessen Leben werden jedoch immer neue finanzielle Probleme auftauchen.

Eine perfide Strategie von Gehirnwäsche und Abhängigkeit

Die Loverboy-Methode ist eine perfide geplante Strategie von emotionalem Missbrauch und Abhängigkeit. Durch ein wechselhaftes Verhalten des Loverboys wird eine Trauma-Bindung erzeugt. Die Täter versuchen mit den jeweiligen Sehnsüchten und Wünschen der Opfer zu arbeiten. Sie zeigen ihnen den Geschmack dieser Sehnsucht und entziehen diesen dann wieder mit der Aussicht, dass es wieder so werden kann, wenn das Opfer sich nur auf eine gewisse Weise verhalten würde. Die Täter sind mal liebevoll und fürsorglich, mal gewalttätig und aggressiv. Das Opfer möchte durch das eigene Verhalten immer wieder den Zustand der liebevollen Beziehung erreichen.

Viele Zuhälter in Deutschland wenden diese Methode an, teilweise werden mehrere Opfer parallel getäuscht und ausgebeutet.

Die Methode beschränkt sich nicht auf minderjährige Mädchen, sondern wird allgemein auch bei älteren Frauen angewandt. 

Gewalt und Drohungen gegenüber der Familie

Ein gängiges Mittel, um Frauen in die Prostitution zu zwingen, ist die Anwendung von Gewalt. Der größte Druck entsteht dann, wenn die Gewalt nicht gegen das eigentliche Opfer gerichtet wird, sondern gegen Dritte, die diesem wichtig sind, zum Beispiel die Familie. Angedrohte Gewalt gegenüber der Familie oder gegenüber den eigenen Kindern bringt Frauen dazu, sich selbst zu opfern, um die anderen zu schützen. Zuhälter demonstrieren gerne Abschreckungstaten an einzelnen Menschen vor den Augen der anderen, um diesen zu zeigen, was im Fall von Widerstand oder Flucht passieren würde.


Die Frauen lernen, den Zuhältern aufs Wort zu gehorchen

Jeder kleine Widerstand wird sofort durch brutales Verprügeln im Keim erstickt. Zuhälter wollen, dass ihnen aufs Wort gehorcht wird. Verhält das Opfer sich nur minimal anders, wird es sofort bestraft.

Manche Zuhälter müssen nicht selbst vor Ort sein, um zu kontrollieren, wie sich die ausgebeuteten Frauen verhalten. Sie arbeiten innerhalb großer Netzwerke, deren Mitglieder oder Helfershelfer Bescheid geben, wenn jemand Widerstand leistet. Wenn der Zuhälter weiß, wo sich die Familie aufhält, kann er z. B. im Ausland leben und das Opfer gleichzeitig in Deutschland ausbeuten. Der Kontakt erfolgt über das Telefon.

Andere Zuhälter wiederum kontrollieren vor Ort jede Bewegung ihrer Opfer. Falls die Opfer eigene Handys haben, kann es sein, dass mittels Überwachungs-App mitverfolgt wird, mit wem welcher Kontakt besteht.


Tagessätze als Verdienstvorgabe

Manche Zuhälter erheben sogenannte Tagessätze: Einnahmen, die die Frauen pro Tag verdienen sollen. Schafft eine Frau den Tagessatz nicht, wird sie schwer bestraft und die Differenz erhöht das Tagessoll des Folgetages.

Mein Zuhälter erwartete von mir, dass ich jeden Tag 1500 Franken verdiente. Es war ihm egal, wie viele Freier ich dafür brauchte. Schaffte ich es nicht, wurde ich mit einem Stuhl verprügelt und durch den ganzen Raum gegen die Wand geschleudert.

Voodoo / Juju - Rituale als Methode der Menschenhändler

Viele afrikanische Frauen möchten nach Europa, um hier eine Arbeit zu finden. Europa gilt als Sehnsuchtsort, an dem ein gutes Leben möglich ist. Dazu gibt es Vermittler, die die Reise nach Europa organisieren. Besonders bei Frauen aus Nigeria fällt in diesem Kontext immer wieder ein Merkmal auf: das Voodoo-Ritual (oder auch Juju-Ritual). Voodoo ist ein Glaubenssystem in afrikanischen Ländern. Es prägt eine ganze Denk- und Glaubenskultur und wird von einer Generation an die nächste weitergegeben. Das genannte Ritual ist nur ein Teilaspekt einer größeren Lebenstradition. Frauen müssen ein Ritual mit einem Voodoo-Priester und dem Zuhälter durchlaufen. Der Zuhälter wird als Vermittler der Reise nach Europa angesehen. Er organisiert alles und erhält dafür eine Summe Geld, die die Frau durch Arbeit in Europa abbezahlen muss. Die Frauen glauben, dass sie eine normale Arbeit in Europa finden werden.

Im Rahmen des Rituals müssen sie Teile von ihrem Körper wie Haare und Nägel abgeben, es wird ein Tier geschlachtet, Blut wird getrunken. Im Ritual wird die Frau geistlich an den Zuhälter gebunden. Es wird vereinbart, dass sie eine bestimmte Summe an ihn für die Organisation der Reise zahlen muss. Tut sie es nicht, so wird jemand aus der Familie oder dem Umfeld der Voodoo-Fluch treffen: eine schwere Krankheit oder der Tod.

Die Frauen werden dann über die Netzwerke des Zuhälters nach Europa gebracht. Sehr schnell landen sie im Bordell und es wird ihnen deutlich gemacht, dass sie ihre Schulden durch Arbeit dort abbezahlen müssen. Während der Reise und der Zeit im Bordell wachsen die Schulden stetig an und es ist für die meisten Frauen unmöglich, diesen Schuldenberg jemals abzuzahlen. Die Angst vor den Folgen des Voodoo-Fluchs hält sie in ihrer Zwangslage fest.

Anwerbungen über das Internet

Auf der Suche nach neuen Opfern halten sich Zuhälter immer mehr in den Sozialen Medien auf. Frauen werden z.B. auf Facebook und Instagram oder auf Dating-Apps angeschrieben. Nach einem schnellen Kennenlernen hat der Zuhälter Geschlechtsverkehr mit dem zukünftigen Opfer und filmt dies unauffällig. Manche benutzen die Aufnahmen, um Opfer ins Milieu zu erpressen, andere arbeiten eher mit der Loverboy-Methode weiter. 

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